300 Jahre Chianti Classico – wer will das verstehen?

Chianti: Ein Wein, ein Gebiet und noch ein Wein, schon ist die Verwirrung perfekt.

Wie sollen sich Kunden in diesem Wirrwarr an gleicher Bezeichnung für unterschiedliche Dinge noch zurechtfinden?
Und gleichzeitig muss die Frage gestellt werden, wer will sich da auskennen und warum? Oder ist es vielmehr die Frage, wem nutzt dieses Wirrwarr und wem schadet es?

Chianti 300

Chianti 300

Nun? Das Chianti Gebiet und hier geht es schon los – richtig wäre eigentlich das Gebiet des heutigen Chianti Classico – feiert in diesem Jahr sein 300’tes Jubiläum, im Jahre 1716 wurden die Grenzen des Produktionsgebiets „Chianti“ erstmals definiert. Den Wein aus dieser Gegend gab es schon viel früher und der Wein aus dem Chianti wurde eben Chianti genannt – ist ja nicht ganz unlogisch.

Mitleid bekommt man geschenkt – Neid muss man sich verdienen

300 Jahre Chianti Classico

300 Jahre Chianti Classico

Wie so oft im Leben, zieht Erfolg immer Nachahmer an und so ist es nicht verwunderlich, dass auch die Winzer rings um das Produktionsgebiet Chianti an dem Erfolg teilhaben wollten und produzierten Weine aus den gleichen Trauben mit einem vergleichbaren Stil. Im Jahr 1932 wurde dann per Dekret versucht die Verwirrung wieder zu bereinigen und dem Wein aus dem Produktionsgebiet Chianti wurde der Zusatz „Classico“ verordnet. Seither heißen die Weine aus dem Chianti nun Chianti Classico und die Weine außerhalb des Gebiets Chianti.

Weinverkostung zum Jubiläum 300 Jahre Chianti Classico

Chianti 1716 bis 2016

Chianti 1716 bis 2016

Ob ich das jetzt selber richtig verstanden habe? Eigentlich schon und uneigentlich nicht! Und um nun nicht auf dem Scheiterhaufen der „unwissenden Sommelier“ zu landen, doch ich habe es verstanden, aber es bringt mir keinen echten Mehrwert. Und hier rede ich nun von einem Mehrwert, der mir hilft etwas besser zu beschreiben, zu definieren oder eben nicht zu verwechseln. Und da hatte ich heute mehr Lehrstunde mit der Weinverkostung zum Jubiläum 300 Jahre Chianti Classico.

Meininger u.a. hatten nach München ins Lenbach Palais geladen – Verkostung Chianti Classico Gran Selezione, Riserva und Annata. 41 Weingüter und gemeldete 112 Weine – sowie geschätzte 400 Fachbesucher und Gäste gaben von 14:00Uhr/ 17:00Uhr bis 20:00Uhr ihr Stelldichein.
Und an dieser Stelle kommen wieder die Rufe nach dem Scheiterhaufen auf; Aber mir fehlt schlicht diese immer wieder angeführte Einzigartigkeit eines Chianti Classico gegenüber dem Chianti. Diese Einzigartigkeit die andere Produktionsgebiete mitbringen, diese Signatur und Unterscheidungskraft z.B. eines Barbaresco und eines Barolo. Diesen Unterschied zwischen einem Chianti Classico und einem Chianti hatte ich mir abgespeichert – der Classico immer deutlich würziger, kräftiger und bisweilen auch mal etwas rauer in den Tanninen, hingegen ein Chianti auf der sanften, fruchtigen und bisweilen auch mal langweiligen Seite. Alles immer schön auf Basis der Sangiovese Traube.

Alles Chianti oder was?

Die von mir verkosteten Jahrgänge waren bei den Chianti Classico von 2008 bis 2014 (mehrheitlich 2013), bei den Chianti Classico Riserva von 2007 bis 2013 (mehrheitlich 2012). Neben den zu erwartenden Jahrgangsunterschieden sind aber gerade die drei sehr unterschiedlichen Aromaprägungen aufgefallen, die mich auf besagten Scheiterhaufen bringen werden. Die mir sehr konzentriert gezeigt haben, dass es diesen „Classico Stil“ wie ich ihn für mich abgespeichert habe, gar nicht gibt, sondern vielmehr ein Zufallsprodukt der bisher verkosteten Weine war.

Chianti Carobbio

Chianti Carobbio

Chianti Carobbio

Chianti Carobbio

Der erste Stil

– der für mich der Chianti Stil ist, war bei den eher großen Weinkellern zu finden: Mittleres Rubin, Balance aus schwarzen und roten Früchten gepaart mit dunklen Gewürzen und mittlerem Tannin im mittellangem Abgang.

 

Chianti Oliviera

Chianti Oliviera

Der zweite Stil

– das ist mein erwarteter Chianti Classico Stil, Mittleres Rubin, hinter üppiger dunkler Würze versteckt sich eine dezent bis zarte schwarze Frucht, die mit festen bis rauen Tanninen lang seinen Weg nimmt.

 

Chianti Lecce e Brocchi

Chianti Lecce e Brocchi

Chianti Tenuta di Lilliano

Chianti Tenuta di Lilliano

Der dritte Stil

– das war der Überraschungsgast – in gut einem Drittel der verkosteten Weine – helles Rubin, frische rote Früchte, überdeutliche florale Noten, die in einem säurebetonten und fruchtigen Abgang endeten.

 

Chianti Renzo Marinai

Chianti Renzo Marinai

Und das Einzelkind

– sehr tiefes Rubin, sehr intensive schwarze Früchte, Schokolade; Chianti Classico und Chianti Classico Riserva die eher erinnern an ??? Unvergleichlich, keine Idee mit was dieses Einzelkind zu vergleichen wäre. Auch mal ein schönes Resultat einer Verkostung; ein Unvergleichbarer Wein.